Draft v1.0 vom 29.03.2005 Marc Langheinrich erscheint in: markt+trends, iX - Magazin für Professionelle Informationstechnik. Ausgabe 6/05, Seite 14 Symposium "Der Computer im 21. Jahrhundert" EXPEDITION IN DIE ZUKUNFT Unter dem Motto "Die Informatisierung des Alltags" diskutierten an der ETH Zürich zwei Tage lang Experten aus unterschiedlichen Fachgebieten über die Auswirkungen der fortschreitenden Miniaturisierung des Computers. Neben den neuesten technischen Entwicklungen standen vor allem auch die gesellschaftlichen Auswirkungen im Vordergrund. ------------------------------------------------- "Nachdem in den letzten Jahrzehnten möglichst viele _Computer_ miteinander vernetzt wurden, beginnen wir jetzt, die _Dinge_ der Welt miteinander zu vernetzen." Mit diesen Worten umschrieb Professor Friedemann Mattern, Leiter des Instituts für Pervasive Computing der ETH Zürich und Veranstalter des Symposiums, die technische Entwicklung und Vision des "Ubiquitous Computing". Ein konkretes Beispiel solch eines "Internets der Dinge" wurde im Anschluss präsentiert: ein ´smarten' Koffer, der nicht nur weiss, wem er gehört, sondern auch was er enthält und wo er ist. Doch nicht nur der Vergesslichkeit kann so vorgebeugt werden, auch der Gesundheit. Einen praktischen Beweis lieferte ein anderer Vortragender gleich während seiner Präsentation: über einen im Gürtel eingebauten Computer sendete ein Gesundheitssensor den Pulsschlag und andere gesundheitliche Werte des Vortragenden direkt zur Leinwand - drahtlos und unsichtbar in der Kleidung integriert. Den Rahmen der Veranstaltung bildete das von der Gottfried Daimler- und Karl Benz-Stiftung geförderte interdisziplinäre Kolleg "Leben in einer smarten Umgebung - Auswirkungen des Ubiquitous Computing", welches in den letzten drei Jahren in sieben Forschungsgruppen in Deutschland und der Schweiz die aufkommenden Chancen und Risiken dieser neuen Technik untersuchte. Entsprechend breit gefächert präsentierten sich die restlichen Themen des Symposiums: Neben Konkretem zur Mikroprozessortechnik und vor allem zu der bisher der Chip-Entwicklung hinterher hinkenden Batterietechnik ("Intel schlägt Varta") gab es Hintergrundberichte zu betriebswirtschaftlichen (Verhinderung von Diebstahl und Fälschungen), volkswirtschaftlichen (im Versicherungswesen) und umweltpolitischen Folgen (durch Elektronikmüll) dieser Entwicklung. Nicht zuletzt bechäftigte sich ein Grossteil der Vorträge aber auch mit den sozialen Folgen einer solchen Technologie: Wie interagieren wir in Zukunft mit smarten Umgebungen; wie sicher ist eine Welt voller smarter Dinge; und nicht zuletzt: wird es in einer total informatisierten Welt noch eine Privatsphäre geben? Die knapp 250 Zuhörer diskutierten dabei rege mit, ob man im Streben nach mehr Effizienz, Bequemlichkeit und Sicherheit durch den Einsatz solcher Technologien wirklich Märchen wahr werden lässt oder eher soziale Albträume schafft. In den Vortragspausen boten darüber hinaus zahlreiche Demonstratoren aus den verschiedenen am Kolleg beteiligten Arbeitsgruppen einen praktischen Einblick in die Welt von morgen. So wurde beispielsweise eine kleine Sensorbox gezeigt, die - im Auto eingebaut - dynamisch die Versicherungsprämie berechnete. Wird schnell beschleunigt oder gebremst, scharf um die Kurve gefahren oder die Höchstgeschwindigkeit überschritten, steigt die momentane Prämie per Kilometer um ein Vielfaches. Nach Angaben des Entwicklers zeigten bereits viele Versicherungen reges Interesse an einer solchen "Pay per Risk"-Lösung. Unter der Homepage des Symposiums finden sich in Kürze Zusammenfassungen und Vortragfolien der einzelnen Beiträge (www.comp21.ethz.ch), ein Tagungsband ist in Vorbereitung und soll Ende des Jahres im Springer-Verlag erscheinen.